[GERMAN]
Press Release 15. August 2015
Buerkners und Eichelmanns Ausstellung ist ein Portal zur 'Zeit der Anderen'.
Auf unterschiedliche Weise eröffnen die Werke beider Künstler neue
Perspektiven auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Eichelmanns großformatige Collagen enthalten Fragmente von
Reproduktionen des Torsos vom Belvedere, welcher laut Johann Joachim
Winckelmann zu den drei zentralen Skulpturen der griechischen Antike
gehört. Anhand des Torsos entwickelte Winckelmann die neue Disziplin der
Kunstwissenschaft, als er 1764 die "Geschichte der Kunst des Alterthums"
veröffentlichte. Eichelmann teilt Winckelmanns Faszination für die - nur
noch als Bruchstück existierende - Skulptur. Obwohl ihr Kopf, Arme und
Unterschenkel fehlen, entwickelte Winckelmann mittels dieser Skulptur sein
Ideal der Schönheit. Während er seine Kunstgeschichte fortentwickelt und
mehrfach revidiert, fügt er den zerstückelten Körper immer wieder
zusammen. Auch in Eichelmanns Arbeitsprozess ist der Torso einem
beständigen Erscheinen und Verschwinden ausgesetzt. Dabei rekurrieren
seine Collagen auf eine Vielzahl zeitlicher Ebenen: die Entstehungszeit der
Skulptur im Zeitraum zwischen 200 bis 50 v. Chr., ihre Würdigung durch
Winckelmann im 18. Jahrhundert, die Reproduktion des Kunstwerks auf
Postkarten und in Büchern im 19. und 20. Jahrhundert sowie schließlich die
Zeit, in der die Collagen hergestellt wurden.
Der in London lebende Künstler Sebastian Buerkner (geb.1975) entfaltet in
seinen Werken mit seinen digitalen Animationen eine immersive und
surreale Bilderlandschaft.
In seinen Animationen thematisiert Sebastian Buerkner das Wechselspiel
zwischen hyperrealer Zeichnung und entrückter Surrealität. Im teils stark
abstrahierten Bilderfluss seziert er die Darstellung von individueller
Erinnerung und Wahrnehmung und weißt so auf deren sensorische
Unzuverlässigkeit hin. Unter Verwendung subversiver Erzählstrukturen
richten sich Buerkners Arbeiten gezielt an den Assoziations- und
Erfahrungsschatz des Betrachters.
In seinem 3D-Filmen werden die Ausstellungsbesucherinnen und -besucher
durch die Art der Kameraführung (point of view) in ein dreidimensionales
Erlebniskorsett gesteckt. Das komplexe Geflecht von räumlicher
Irreführung, komprimierter Dialoge und unlösbaren moralischen Konflikten,
kumuliert in einer sensorischen Überforderung, die eine eigene
Autorenschaft gegenüber dem Erlebten abverlangt.